Vom Ruhrgebiet, über den Norden Deutschlands nach Dänemark und schließlich von dort mit der Fähre in 4,5 Std. nach Langesund – NORWEGEN


Norwegen – für mich Der Inbegriff für Natur und Weite. Nach einer aufregenden und teils steinigen Zeit fühlte ich, dass es dringend an der Zeit war zu entschleunigen. Ich wusste nicht genau wie, ich wusste nur, dass ich Zeit und Raum brauchte.

Und so kam mir seinerzeit NORWEGEN in den Sinn. Ich erinnere mich genau an meine Gedanken „so weit ist das ja nun auch nicht“, „das bekommt man auch Low-Budget hin“, „welch Zufall, dass ich noch 5 Urlaubstage habe“, „wie cool, dass zu dieser Zeit KEINE Saison mehr ist“. Dass im Nachhinein einiges nicht soo „cool“ war, anderes aber umso mehr das erfahrt ihr im Laufe des Berichtes …

Fangen wir von vorne an. Meine Gedanken standen fest und ich war wild entschlossen meine restlichen Urlaubstage für diesen Trip zu verbraten. Musste ich nur noch meinen Freund davon überzeugen. Gesagt, getan. Er willigte ein.

So kam es, dass ich mich dem zuwenden konnte, was ich u. a. am meisten liebte – eine Reise planen.

Bereits am darauf folgenden Tag buchte ich die Fähre, welche uns von Hirtshals in Dänemark nach Langesund in Norwegen bringen sollte. 124€, am 24.09.2018 hin und am 05.10.2018 zurück mit Fjordline. Kein Schnäppchen, aber so waren die Preise.

Im Anschluss daran habe ich mich um unser Equipment gekümmert mich nach dem Wetter erkundigt und einen Reiseführer für Süd-Norwegen bestellt. Um die Kosten so gering wie möglich zu halten, denn auch ich wusste bereits, dass Norwegen kein Schnäppchenurlaub wird, haben wir uns dazu entschlossen, nicht nur mit dem Auto nach Norwegen zu fahren, sondern auch darin zu schlafen. In Norwegen gilt das sogenannte Jedermannsrecht. Mit einem Abstand von 150m zu einem Wohnhaus bzw. Privatgelände darf man stehen, wo auch immer man will. Der Gedanke, direkt an einem Fjord zu übernachten und morgens mit dem Blick auf diesen aufzuwachen hat mich zu Höchstleistungen in meiner Planung angespornt. Dass sich dieses „ganz easy im Auto schlafen“, als eher weniger easy herausstellte, dazu auch später mehr. So ergab es sich, dass meine Eltern von meiner Idee Kenntnis erlangten und anboten mit Ihrem Touareg zu fahren. Noch besser dachte ich und willigte selbstverständlich direkt ein. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass das Leben auf diesem kleinen Raum, bei Wind, Regen und Kälte zur Herausforderung wird. Schließlich wollten wir uns auch selbst versorgen, mit dem Gaskocher unsere Mahlzeiten zubereiten und maximal jeden zweiten Tag auf einem Campingplatz übernachten zum Duschen.

Wanderung, Preikestolen

Es war der 23.09.2018, als wir morgens gegen 10 Uhr zu unserem Abenteuer Norwegen aufbrachen. Das Auto vollgepackt mit Lebensmitteln, Küchenutensilien von Gaskocher über Plastikschüsseln bis Wasserkanister, Kleidung und Schuhe für jedes Wetter (ok nicht jedes den Schnee hatten wir nicht eingeplant) ein Campingtisch sowie Stühle, Zeltstangen und ein Plane mit welcher wir ein Vordach ans Auto bauen wollten, eine 90cm Matratze sowie Decken, Kissen und Schlafsäcke. Gott sei Dank habe ich mich durchgesetzt und eine Dachbox besorgt, ohne diese hätten wir den Trip gar nicht starten können.

Über den Norden Deutschlands fuhren wir Richtung Dänemark. Spät am Abend erreichten wir Hirtshals. Auf dem Campingplatz mit dem gleichnamigen Stadtnamen haben wir unsere erste Nacht verbracht. Diesen habe ich, wie ich bin, schon im Vorfeld abgecheckt. Direkt am Meer gelegen, im Hintergrund der Leuchtturm und bis zur Fähre nur wenige Autominuten.

Jetzt haben wir ein erstes Gefühl dafür bekommen, was es heisst, im Auto zu schlafen. Wir waren hundemüde, es war schon spät und am andren Tag ging unsere Fähre schon um neun Uhr. Der Wind pfiff so stark, dass dass Auto leicht wackelte. Von der Geräuschkulisse einmal ganz abgesehen. Schon jetzt war ich ein bisschen neidisch auf die anderen Camper mit ihren großen Wohnmobilen, in denen man stehen, sich gemütlich Essen kochen und waschen konnte. Egal, ich war dennoch voller Elan und freute mich auf den anderen Tag und auf Norwegen.

Wir haben die Nacht erstaunlich gut geschlafen. Der Wind wurde irgendwann weniger und es war tatsächlich kuschelig in unserem zweckmäßig zum Camper umfunktionierten VW Touareg. Als ich erste Sonnenstrahlen aus dem Fenster erblicken konnte musste ich raus. Der Campingplatz ist wunderschön, die Sonne schien, und ich bin direkt bis zum Meer spazieren gegangen. Und da stand er auch, der Leuchtturm.

Ich liebe Leuchttürme. Und dieser war besonders schön. So hatte man am Abend zuvor kaum etwas sehen können, weil es bereits dunkel war.

Und so stand ich da, am Meer, keine Menschenseele, nur ich und Meeresrauschen in meinen Ohren. Ja, dachte ich, das, genau das hast du jetzt gebraucht. Zufriedenheit füllte meine Bauchgegend.
Ein paar Fotos geschossen und zurück zum Auto. Schnell haben wir uns in den beheizten Waschräumen gewaschen und sind dann los zur Fähre. Als wir dort ankamen, waren wir bereits die letzten in der Schlange für mittelgroße Fahrzeuge. Kurz darauf ging es los.

WOW, wie riesig dieses Schiff ist. Noch nie zuvor sind wir mit einem derart großen Schiff gefahren. Ich war etwas aufgeregt.

Als wir unsere Parkposition gefunden hatten, ging es für uns mit dem Aufzug auf die oberen Decks.
Das Schiff ist ähnlich wie ein Kreuzfahrtschiff aufgebaut, es gibt Kabinen (welche man übrigens auch für die Überfahrt hätte buchen können), Lounge-Ecken die zum Verweilen einladen, Bistros, mehrere Bars und auf dem oberen Deck windgeschützte Sitzmöglichkeiten sowie einen Hubschrauberlandeplatz.
Ich war beeindruckt von diesem Schiff und ich muss gestehen, ein bisschen dachte ich dabei an die Titanic.

Die Überfahrt ging recht schnell vorüber und Norwegen begrüßte uns ebenfalls mit Sonnenschein. Ich wollte den Tag auskosten, immerhin hatte ich zuvor mit Freunden und Bekannten gesprochen, die bereits in Norwegen waren und 14 Tage Regen am Stück zu „beklagen“ hatten.
Wir fuhren von Langesund nach Risør, in das kleine gepflegte Örtchen ganz in norwegischem Stil. Bei dem Wetter ein Traum. Die Sonne ließ die weiss gestrichenen Häuser strahlen und untermalte damit nur meine Euphorie.
Auf einer Bank, direkt am Wasser in der Sonne gab es für uns selbst gemachten Linsensalat, welchen wir noch von Zuhause mitgenommen hatten mit Brötchen aus dem örtlichen Kiwi Markt.
Nach einem Spaziergang durch Risør fuhren wir weiter.

Risor

Unsere erste Übernachtung auf norwegischen Boden verbrachten wir in Hornnes – auf dem Hornnes Camping Campingplatz. Ein malerisch gelegener Campingplatz direkt am Wasser mit eigenem Sandstrand. Bereits hier bekamen wir zu spüren, dass keine Saison mehr war. Viele hatten ihre Wohnwagen schon winterfest gemacht und bis zum Frühsommer verlassen. Später auf unserer Reise erfuhren wir nämlich, dass die Saison in Norwegen nur 3 Monate anhält. Von Juni bis August. Bereits im September haben nur noch wenige Campingplätze geöffnet. Ich hatte das bereits zuhause im Internet recherchiert, aber ehrlich gesagt dachte ich, wir machen das schon … Es gibt immer einen weg. Dass es diesen aber nicht gab, dazu später mehr.

200 NOK zahlten wir für unseren Stellplatz, direkt am Strand mit Blick aufs Wasser. Am Abend versuchten wir uns das erste Mal am Campingkocher. Bei den Temperaturen, wir hatten ca. 6 Grad, dauert es schon mal bis die Suppe warm wird … Dass sich unsere eher spärliche Ausstattung zum kochen als Herausforderung erweisen wird, ahnen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Immerhin habe ich mir im Vorfeld viele Gedanken über unsere Mahlzeiten gemacht. Wir hatten vom Mehl, Zucker, H-Milch für Pankakes über Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten und sonstigem Gemüse für Omelette (die Eier wollte ich frisch vor Ort kaufen) oder Nudelgerichte alles dabei. Ich habe so eingekauft, dass wir die Zeit über komplett autark leben können.

Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete, traute ich diesem Anblick kaum. Sonnenaufgang – aber was für einer. Patrick wecken – Drohne fliegen. Das ist der Wahnsinn. Ich war sofort wach und raus aus dem Auto. Die Nacht war Kalt, 2 Grad zeigte das Thermometer. Daher war der Sonnenaufgang so beeindruckend. Der Wald spiegelte sich im glasklaren Wasser über dem ein leichter Nebelschleier hinweg zog.
Als wir die Aufnahmen im Kasten hatten, hielt die Kälte Einzug in unsere Körper. Eingemummelt haben wir in der Sonne, die uns leider nur wenig wärmte, gefrühstückt.
Bei der anschließenden warmen dusche fühlte ich mich wie neu geboren. Das warme Wasser auf der Haut tat so gut.

Norway Mornings
Guten Morgen, Norwegen, Frühstück

Wir packen unsere Sachen und fahren weiter.
Unser einstiges Ziel ist der Lysefjord, damit verbunden auch die Wanderung zum Preikestolen und Kjeragbolten. In Lauvvik müssen wir das erste Mal die Fähre zum übersetzen nutzen.

Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass wir leider drei Tage warten müssen, um überhaupt eine der Wanderungen zu wagen. Denn das Wetter wird schlecht.
Regen in Norwegen…
So viel Regen, dass die Wege unter Wasser stehen und nicht passierbar sind. Auf der facebook Seite vom Preikestolen haben wir Bilder gesehen, die es nicht zu unterschätzen gilt. Immerhin sind die Wege steinig und felsig und somit sehr glatt bei Regen.

Also erkunden wir die Gegend rund um den Lysefjord.

Norwegen, Natur, Fjord

Eine weitere Nacht steht an und nun wollten wir endlich von dem Jedermannsrecht Gebrauch machen. Es regnete immer noch Dolle und mittlerweile ist es auch dunkel geworden. Wir irrten ein bisschen durch die Gegend bis wir uns schließlich dazu entschlossen, auf einem Rastplatz neben zwei anderen Campern „unser Nachtlager aufzuschlagen“. Immerhin bot dieser Rastplatz eine Toilette sowie ein Waschbecken mit fließendem Wasser. Muss reichen für heute.
Aber ich kann euch sagen, die Situation bei Dauerregen, im Auto, ohne Unterstellmöglichkeit bei 3-5 Grad wird schneller unangenehm, als es uns lieb war. Von der logistischen Situation einmal abgesehen.

Wir haben auch diese Nacht gut überstanden und gar nicht übel geschlafen. Ein Blick aus dem Fenster lies aber auf nichts Gutem hoffen. Wieder Regen. Okay, wie kann nun Plan B ausschauen?

Nach kurzer Überlegung haben wir uns entschieden nach Stavanger zu fahren. Also, wieder mit der Fähre, diesmal von Oanes nach Lauvvik, und dann über die 13 und die 44 nach Stavanger.
Ich liebte es Tag für Tag mehr, durch das Land zu fahren. Noch immer konnte ich mich an all den Fjorden und den bunten Häusern nicht sattsehen. Unzählige mal mussten wir anhalten, damit ich Fotos machen kann. Die Natur ist wahrhaftig einzigartig in Norwegen!

Stavanger ist bekannt für sein Ölmuseum. Auch in unserem Reiseführer, den wir übrigens eher spärlich benutzen, wurde das Museum angepriesen. Naja, nur schade das wir Nebensaison haben und das Museum bereits um 16 Uhr schließt. Aber nicht schlimm, wir sind eh weniger die Museumsgänger. Von daher haben wir uns dann die Altstadt von Stavanger angeschaut. Ein Haus gleicht dem Nächsten. Alle fein säuberlich in weiss gestrichen und stets von den Hausherren gepflegt. Wir konnten nicht anders als hier ein Bild mit der Drohne zu schießen. Rund um Stavanger liegen einige kleine Inseln, welche durch Brücken miteinander verbunden sind. Diesen wollten wir uns unbedingt anschauen. Wie leben die Leute hier so? Viele haben ein Boot welches direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Wasser liegt.

Stavanger

Der Tag X war gekommen, wir konnten unsere Wanderung zum Preikestolen antreten. Am Abend zuvor haben wir das Wetter ausgiebig studiert. Trocken, kein Regen und wenn wir Glück haben, schaut die Sonne durch die Wolken. Super, mehr brauchen wir nicht.

Übernachtet, haben wir auf dem Campingplatz direkt in der Nähe des Parkplatzes, von wo aus die Wanderung startet. Diesen können wir übrigens sehr empfehlen. Die Waschräume sind sauber und beheizt, es gibt gut funktionierendes W-Lan und die Umgebung ist sehr reizvoll.
Unser Wecker ging um halb sechs. Wir wollten möglichst früh hoch, am besten zum Sonnenaufgang, sofern es diesen gibt und unsere körperliche Fitness es zulässt. Noch schnell Wasser im Campingkocher für unseren Instantkaffee aufgesetzt und schon ging es los. Nach der ersten halben Stunde wusste ich, niemals schaffen wir es zum Sonnenaufgang, aber egal. Immerhin wollte ich auch den Weg genießen, dabei freute ich mich zunehmend endlich „zu wandern“. Der Weg ist ziemlich Steinig/Felsig, weshalb es sich erklärt, warum es zurück dieselbe Zeit benötigt wie hin. Kurz vor unserem Ziel wurden wir mit einem ordentlich Schauer überrascht, gut ausgerüstet wie wir aber waren, konnten wir weitergehen und es in den vorgegebenen zwei Stunden zur Felskanzel schaffen. Nur noch wenige Meter, und dann sahen wir sie schon.

Atemberaubend !

Mitunter das schönste was wir bisher gesehen haben. Einige wenige Leute waren bereits vor Ort. Diese packten gerade ihre Zelte, vermutlich haben sie oben genächtigt um die letzten am Abend und die ersten am Morgen zu sein. Macht ja auch Sinn, wenn man tolle Fotos erhaschen möchte.
Wir waren erst einmal restlos begeistert und hatten weiche Knie vor Adrenalin. Patrick disziplinierte mich fast ununterbrochen nicht so nah an die Kante zu gehen. Ok, ich habe auch Höhenangst, aber da merkte ich plötzlich, dass es bei ihm noch schlimmer ist als bei mir…
Wir trauten uns ganz kurz die Drohne zu fliegen. Eigentlich dort nicht gestattet, aber wo kein Kläger, da kein Richter.

Norwegen, Natur

UND PLÖTZLICH PASSIERTE DAS …

Patrick bot mich ziemlich eindringlich meinen Rucksack abzustellen. Eigentlich wollte ihn nicht ablegen, weils dort oben doch schon ziemlich kalt war und der Wind mir um die Ohren pfiff, aber nach seiner eindringlichen Anweisung habe ich ihn abgesetzt. Er nahm meine Hand und ging mit mir an den vorderen Teil der Kanzel. Wir schauten auf den Lysefjord und plötzlich kam die Sonne durch die Wolken. Wow, dachte ich, wie schön…
Dann fing Patrick an zu reden … und plötzlich ahnte ich was hier gerade passiert. Alles flog wie in einem Film an mir vorbei bis mir die Tränen in die Augen schossen und ich nur noch JA sagte.
In meinem Rausch hörte ich ein paar Leute klatschen und pfeifen, aber ich war wie in Trance.

Allein aus diesem Grund ist, und wird Norwegen für mich immer besonders bleiben.

Preikestolen, Norwegen

Wir befanden uns für eine Weile auf einer norwegischen Wolke 7, genossen den Wahnsinns Ausblick und die warmen Sonnenstrahlen. Es brauchte Zeit bis ich realisierte was hier gerade geschah.
Leider wurde mir irgendwann bitterkalt. Noch schnell haben wir ein paar Erinnerungsfotos gemacht, bis wir uns wieder, jetzt als verlobtes Paar, auf den Weg gemacht haben.

Jetzt kamen uns schon einige Leute entgegen. Das sind diese Momente, die ich liebe. Wenn alle kommen und ich wieder gehe #earlybird.

Der Weg zum Parkplatz kam mir vor wie ein Spaziergang. Als wir bei unserem Auto ankamen, hatten wir einen Zettel an der Windschutzscheibe.
Ein deutsches Pärchen, welches zum Zeitpunkt des Antrags ebenfalls auf dem Preikestolen war, hat uns ein paar ganz liebe Worte hinterlassen.

Wie toll ist das bitte…

Selbstverständlich hab ich diesen immer noch und sorglich aufbewahrt.

Jetzt haben wir uns auch die Zeit genommen etwas zu frühstücken. Richtig Camper like an offener Kofferraumhaube mit rheinischem Schwarzbrot und einheimischen Käse aus dem Kiwi Markt. Besser konnte der Tag ja nicht werden. Wir sollten das Glück mit der Sonne noch etwas behalten. Der ganze Tag war recht sonnig. Ok, einige Wolken waren am Himmel, aber hallo, wir sind hier in Norwegen.

Mit Sonnenschein sieht die Natur gleich nochmal besser aus, als sie es eh schon tut.
Weil für den morgigen Tag bereits wieder Regen angekündigt war, konnten wir uns schweren Herzens von dem Gedanken, noch die Wanderung zum Kjeragbolten zu machen, verabschieden. Immerhin haben wir für die Wanderung zum Preikestolen schon drei Tage gewartet. Und wir wollten weiter.

Unser nächstes Ziel ist Odda. Wir fahren an etlichen Fjorden vorbei und müssen mal wieder …
Genau, mit der Fähre übersetzen. Wir haben uns gemäß Reiseführer für die Panoramastrasse (Ryfylke ! ) entscheiden. Ich kann euch versprechen, hier ist die Natur die Hauptattraktion. Etliche Wasserfälle, an denen ich mich nicht sattsehen kann. Endlose Weite und die Berge. Ein perfektes Panorama. So erreichen wir auch am frühen Abend den Latefossen (Zwillingswasserfall). Das ist der spektakulärste Wasserfall, den wir bislang gesehen haben. Mit einer Wucht schießt das Wasser an zwei Stellen den Abgrund hinunter. Die Geräuschkulisse ist enorm. Wir sind wieder einmal beeindruckt. Auf der Straße 13 fährt man quasi direkt durch ihn hindurch. Also, Fenster schließen, denn das Wasser spritzt bis auf die Straße.

Eine kleine Runde drehen wir noch durch Odda bis wir uns wieder auf die Suche nach einem Stellplatz machen. Es wurde schnell dunkel und bald sahen wir nicht mehr viel. Wir entschieden uns für Odda Camping. Langsam wird es immer weniger auf den Campingplätzen. Wir konnten uns einen Platz aussuchen. Selbstverständlich war das wieder ein Platz direkt am Fjord, Panoramablick inklusive.
Dieser Campingplatz bietet den Luxus einer Gemeinschaftsküche. „Richtig“ kochen, ohne Campingkocher. Für uns schon ein Highlight. Warum sind wir eigentlich in Odda… Von hier Startet man die Mammut-Tour zum Trolltunga (Trollzunge). ca. 12 Stunden soll die Wanderung dauern. Ich hatte Bock. Patrick nicht. Zu seiner Erleichterung ist das Wetter zu schlecht und wir können auch diesen Hike vergessen. Ebenso den zum Buarbreen. Dem großen Gletscher. So eine Schande. Langsam verstand ich auch, warum in Norwegen nur in den wenigen Sommermonaten touristische Saison herrscht.

Odda

Schnell war unser nächstes Ziel klar – Bergen! Dort wollten wir unter anderem Patricks Cousin besuchen, der, so wie Patrick dachte, in Bergen arbeitet. Nach dem Abendessen haben wir uns Glühwein warm gemacht und uns ins Auto gelegt. Patrick hat seinen Cousin angeschrieben um ein Treffen zu vereinbaren.
„Neiiiin“, wütete Patrick. „Radek ist in Stavanger. Ich hab mich vertan und Bergen mit Stavanger verwechselt.“

Ich konnte nur den Kopf schütteln. In Stavanger waren wir ja bereits und mittlerweile sind wir ca. 300km entfernt…

Nach einigen Minuten fragte ich dann „was machen wir dann jetzt“?
Wir fahren nochmal zurück. Für den nächsten Tag war eh Regen angekündigt.
Also verbrachten wir einen Tag auf norwegischen Straßen und Fähren, denn wir haben uns für eine andere Route entschieden, als die, die wir hingefahren sind.

Stavanger kannten wir ja schon ein bisschen. Allerdings nicht am Abend.
Wir kochten ganz entspannt gemeinsam und schlenderten anschließend ein bisschen zu dritt durch die „Altstadt“.
Ein teures Bier in einem Irish Pub gönnten wir uns zur Abwechslung mal.

Andern Morgen hiess es dann aber endgültig Abschied nehmen, von Stavanger und von Radek.
Wir wollten nach Bergen.
Wir fuhren auf dem Festland bis Mortavika, von wo aus wir die Fähre nach Arsvagen genommen haben. Die Sonne zeigte sich wieder. Natürlich ist es auch angenehmer zu fahren bei Sonnenschein und klarer Sicht. Noch einmal haben wir ein kleines Stück mit der Fähre überquert, bis wir am späten Nachmittag Bergen erreichten. Um die Stadt zu erkunden war es leider zu spät. Wir konnten nur einen kleinen Eindruck der Stadt aus dem Auto gewinnen, bis wir uns wieder um eine Bleibe kümmern mussten. Für Bergen wollten wir uns zwei Tage zeit nehmen.
Die Stadt ist historisch geprägt und ich hatte bereits im Vorfeld einige „Attraktionen“ ausgecheckt.

Früh morgens ging es für uns mit der Seilbahn Ulriken643 auf den Gipfel des höchsten der Sieben Berge. Immerhin heisst es „ohne auf dem Ulriken gewesen zu sein, bist du nicht in Bergen gewesen“.

Und was soll ich sagen – die Bilder sprechen für sich.

Das Wetter war wieder gnädig mit uns und so konnten wir ein bisschen Zeit dort oben verbringen.

Eine Sache, die sauer aufstößt, vor allem in den Großstädten (zum Glück gibt es davon in Norwegen nicht zu viele), ist die Mautgebühr. An etlichen Straßenrändern, Tunnel-ein und -ausfahrten sowie Brücken stehen sie, Mautstationen. Wir hatten so unsere Bedenken kreuz und quer durch die Stadt zu fahren. Auch wenn die Mautgebühren meist ausgewiesen sind, hatten wir keine Vorstellung, welche Rechnung am Ende der Reise auf uns zukommt. Bis dato haben wir auch noch nichts erhalten.

Lone Camping hiess unser Campingplatz für die kommende Nacht. Auch diesen können wir sehr empfehlen. Es gibt neben einer Gemeinschaftsküche, saubere und beheizte sanitäre Anlagen, einen wunderschönen Blick auf den See mitten im Grünen und dennoch zentral gelegen. An der Tankstelle direkt hinter dem Campingplatz können morgens frische Brötchen gekauft werden und auch sonst hat diese Tankstelle, wie die meissten in Norwegen, einige Snacks und Getränke zu bieten.

Am nächsten Morgen schlenderten wir noch ein wenig zu Fuß durch das Hanseviertel Bryggen. So hatte ich doch das typische Bild vor Augen – die bunten Holzhäuschen direkt am Wasser. Noch war das Wetter gut und wir konnten ein paar schöne Fotos als Erinnerung machen. Immerhin gehört das Hafenviertel zum UNESCO Weltkulturerbe. Mein Tipp, geht unbedingt nicht nur die Promenade entlang, sondern auch durch die schmalen Gassen der dicht an dicht bebauten Häuschen in den hinteren Bereich des Viertels.

Bergen, Norwegen

Ab Bergen macht unsere Route die Kurve. Schade, so gerne wäre ich noch bis zum Geierangerfjord gefahren. Aber die Distanz ist einfach zu groß und auf dem Weg kommt noch so viel, das wir uns anschauen wollen. Die 13 entlang über Granvin passieren wir die Hardangerbrua. In Norwegen gibt es vielleicht Brücken… Wahnsinn. Weiter, jetzt auf der 7, fuhren wir Richtung Eidfjord. In Ovre Eidfjord angekommen hatten die Berge bereits eine weiss bepuderte Spitze. Und das Wetter – Schneeregen, zur Abwechslung. Kälter war es ebenfalls. Schätzungsweise 0 – -1 Grad.

Ok, auf Schnee waren wir eher nicht eingestellt. Papa sei dank haben wir noch vor der Reise die Winterräder drauf ziehen lassen. Überhaupt bin ich SO froh, dass wir mit dem Touareg unterwegs sind. In der ein oder anderen Nacht haben wir schon die Standheizung genutzt und konnten dadurch wieder gemütlich einschlafen.
Man darf nicht vergessen, wir sind mit einem Auto unterwegs, keinem Camper und auch keinem VW Bus oder Ähnlichem. Nach jeder Nacht folgendes Prozedere … Decken und Schlafsäcke falten, Schuhe und Jacken sortieren, Vordersitze zurückfahren, Boxen mit Lebensmitteln und Küchenutensilien von den Vordersitzen in den „Schlafbereich“ verfrachten.    Jeden Tag.    Einmal morgens, einmal abends.    Vorher ist nicht an losfahren oder Schlafen zu denken.

Avisiertes Ziel war der Vøringsfossen, wohl der bekannteste Wasserfall Norwegens. Wir steuerten auf das Fossli Hotel zu, welches nicht unweit der Hauptstraße gelegen ist, um dort unser Auto zu parken. Von hier kann man über eine lange Fußgängerbrücke (Achtung, nicht unbedingt für Personen mit Höhenangst geeignet!) ins Tal und auf den Wasserfall schauen. Ca. 180m misst die Fallhöhe des Vøringsfossen. Der Ausblick ist weitreichend, dramatisch gar spektakulär. Ein Paradebeispiel für die gewaltige Natur in Norwegen.

Lange hatte ich mich zuhause schon darauf gefreut durch die Hardangervidda zu fahren. Angepriesen durch unzählige Wanderwege, üppige Natur und einem Weg, bei dem man sich wünscht, es würde kein Ziel geben. Doch das Wetter ließ auf keine ausgedehnten Outdooraktivitäten hoffen.
Bereits beim Vøringsfossen schneite es in einer Tour. Während wir vor einigen Kilometern noch mäßigem Regen ausgesetzt waren, so machte das größte Hochgebirgsplateau Nord-Europas mit 1250m seinem Namen alle Ehre, denn der Schnee wurde heftiger. Auf unserer Route, der RV 7, waren wir bald komplett eingeschneit.

Aussicht, welche Aussicht… die war gleich 0. Was mir blieb, war ein paar tolle Bilder einzufangen – und ein einziges Mal haben wir uns getraut, trotz des Schneefalls, mit der Drohne zu fliegen.

Hardangervidda

In Geilo angekommen haben wir uns für ein AirBnB entschieden. Diese Nacht im Auto zu schlafen wäre nicht nur sehr kalt, sondern auch zu beschwerlich gewesen – in Hinsicht auf Verpflegung und Waschmöglichkeiten. Ein warmes Zimmer, ein richtiges Bett, eine warme Dusche in einem (im Verhältnis zu dem was wir sonst gewohnt waren) großen Bad, eine richtige Küche zum Kochen … Wir fühlten uns gesegnet. Nach einer heissen Dusche, die sich anfühlte wie eine Wiederauferstehung, haben wir uns etwas Warmes zu essen gekocht. Für heute hatten wir keine Ambitionen mehr das Haus zu verlassen. Gemütlich machen und ein Buch lesen, das kam jetzt gut.

Gut genächtigt schrieb der Kalender den 03. Oktober 2018. Dass wir den Tag zuvor die letzte Dusche vor unserer Ankunft zuhause genommen hatten, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht… Aber dazu später mehr.
Von Geilo aus waren es noch ca. 220 km bis Oslo. Die Sonne schien zum Fenster hinein und wir wollten los. Heute sollte eher der Weg das Ziel sein. Wir wollten uns die letzten Tage noch einmal von den Eindrücken unterwegs treiben lassen. Ich hatte es bereits erwähnt, aber bei Sonnenschein wirkt Norwegen nochmal magischer als eh schon. Hier und da legten wir eine Rast ein bis wir am späten Nachmittag Oslo erreichten. Wir hatten Hunger. Wollten wir diesen vielleicht bei Mc Donalds stillen? Ca. 15€ für ein Menü … Wow. Doppelter Preis zu Deutschland. Die Abwechslung, wenn auch keine besonders gesunde, tat dennoch gut zu den spärlichen Henkersmahlzeiten, die wir uns in unserem Campingkocher so zubereitet hatten.
Gemütlich schlenderten wir noch etwas durch Oslo. Zum Sonnenuntergang erreichten wir das Opernhaus. Beeindruckende Architektur. Außen sowie auch innen. Ihr solltet also auf jeden Fall auch einmal rein gegangen sein.
Bald wurde es auch schon dunkel und wir mussten uns mal wieder um einen Schlafplatz für die Nacht kümmern. Und damit begann die Odyssee …

Pferde, Norwegen

Rastplätze oder ähnliche Stellmöglichkeiten gibt es in Oslo nicht. Jedenfalls nicht in der Stadt.
Um nicht mehr so weit aus der Stadt raus zu fahren, entschieden wir uns für einen Campingplatz. Erstmal einen finden, der noch geöffnet hat. Als wir dann schließlich einen gefunden hatten, meinte das nette Mädchen an der Anmeldung zu uns, dass der Campingplatz nur für Camper zugelassen ist. Nicht für Zelte oder Autos, wie wir es sind…
Sie war aber so freundlich einen anderen Campingplatz in der Nähe anzurufen und nachzufragen, ob dort noch Platz wäre. Fehlanzeige. Dieser hatte schon geschlossen.

Super, dachten wir. Das wars dann mit der „Auswahl“ an Campingplätzen in Oslo. Wir müssen uns auswärts orientieren.

Lange Rede, kurzer Sinn, wir haben an diesem Abend keinen geöffneten Campingplatz mehr gefunden. So haben wir uns auf einem Grünstreifen in der Nähe eines Sees platziert und dort die Nacht verbracht. Zum Glück wars in Oslo nicht mehr so kalt wie auf der Hardangervidda.

Noch zwei Tage bis uns die Fähre wieder von Norwegen nach Dänemark bringt.
Heute steht aber Oslo an.
Wir haben uns bzw. ich habe uns, ausnahmsweise einmal nicht über jegliche Sehenswürdigkeiten im Voraus informiert. Ist auch mal schön ohne jegliche Vorkenntnis unvoreingenommen die Stadt zu erkunden.

Auf mich wirkte Oslo modern, multikulturell, zentral und Museen geprägt. Wir konnten spüren, dass die  Einheimischen viel Wert auf die Natur legen. Oslo ist von Wäldern und Parks gezeichnet. Im „Alternativen“ Viertel Grünerløkka gibt es zahlreiche nachhaltige Läden wie organic Cafes, Secondhandboutiquen, Wochenendmärkte und vieles vieles mehr. Es wird wild diskutiert, dass Oslo 2019 die erste autofreie Hauptstadt (betrifft das Zentrum) werden soll.

Unseren letzten Tag in Norwegen wollten wir der Natur und der Nordsee noch einmal ganz nah sein.
Über einen kurzen Abstecher in Bygdoy entschieden wir uns, auf die vorgelagerte Insel Tjøme zu fahren. Ein Grund dafür war das „Verdens Ende“- Das Ende der Welt. Ein anderer die einzigartige Schärenlandschaft. Noch einmal haben wir uns ordentlich den Wind um die Ohren pfeifen lassen.
Teils weisse Strände und glasklares Wasser hat die Landschaft zu bieten. Kein Wunder dachte ich, dass sich im Sommer rund 50.000 Urlauber zu den knapp 4.500 „Insulanern“ gesellen. Hier ist es echt schön.
Ein Highlight ist definitiv der ganz an der Südspitze gelegene „Vippefyr“ – ein Leuchtturm aus dem Jahre 1932. Komplett aus Steinen der unmittelbaren Umgebung gebaut, ziert ihn ein offener Feuerkorb.

Es war unsere letzte Nacht in Norwegen. Auf einem Parkplatz – weil … Richtig, kein Campingplatz mehr geöffnet hatte. Drei Tage keine Dusche, ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie sehr wir uns – in dieser Hinsicht – auf Zuhause gefreut haben. Aber die Gegebenheiten waren nunmal so und wir wollten sie so annehmen.

Unsere Fähre fuhr um 14.30 Uhr, bis dahin hatten wir noch ca. 100 Kilometer um Langesund zu erreichen.
Zeit für ein kurzes Fazit:

Norwegen hat meine Erwartungen mehr als erfüllt. Ich habe mich frei und leicht gefühlt. Konnte innehalten und den Moment geniessen. Ich hatte, wie selten, Zeit, um das Handy und die Kamera aus der Hand zu legen. Ich habe mich selber besser kennengelernt und bin nicht nur ein Mal über meinen Schatten gesprungen. Wir haben jeden Euro dreimal umgedreht und versucht, aus wenig, viel zu machen.
Wir werden sicher wieder kommen, aber dann im Sommer, wenn die Campingplätze geöffnet haben und wir in den ein oder anderen Fjord springen können.

Meinen Bikini hab ich natürlich um sonst eingepackt…

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